Donnerstag, November 8, 2012

Legalisierungsargumente für Nichtkonsumenten (Teil 1)

Dieser Artikel erschien zunächst in der Novemberausgabe des Hanf Journals.

Die Zeit ist schlecht? Wohlan. Du bist da, sie besser zu machen. (Thomas Carlyle, schottischer Essayist)

In unregelmäßigen Abständen werde ich von “Erstengagierten” gefragt, was man den Duftes tun könne, um die Legalisierung von Cannabis (und anderen Drogen) zu fördern. Nach den üblichen Hinweisen auf die Beteiligung an Demonstrationen wie der Hanfparade und den erwartbaren Gegenargumenten (Kein Geld feat. zu weit weg) führen zwei Drittel der einschlägigen Gespräche im Anschluss zu meiner Lieblingshausaufgabe “Sprich jeden Tag 5-10 Minuten mit einem Nichtkonsumenten über die Legalisierung”.

Meine Top-10-Antworten auf die dann unvermeidbare Frage “Was sagt man denn da?” habe ich in der folgenden Liste “Legalisierungsargumente für Nichtkonsumenten” zusammengefasst.

Der Schwarzmarkt kennt keinen Jugendschutz

Stop the Black Market - Poster aus den USA Stop the Black Market
Poster aus den USA

In beinahe jeder Diskussion über die Legalisierung fällt irgendwann das Stichwort “aber die Kinder”. Die berechtigte Sorge, um das Wohl nachwachsender Generationen, wird oft fälschlich auf die Habenseite des Prohibitionskontos verbucht, dabei überlassen Drogenverbote gerade Kinder und Jugendliche schutzlos dem Schwarzmarkt.

Wer “Kinder vor Drogen schützen” will, muss Erwachsenen den straflosen Zugang ermöglichen! Altersnachweise und Zugangsbeschränkungen, kurz Jugendschutz, gibt es nur auf einem legalen Drogenmarkt.

Drogenkriminalität fördert Unfreiheit

Verhaftung, Foto von Pixelroiber “Verhaftung”
Foto: Pixelroiber

In den vier Jahrzehnten “War on Drugs” haben viele Länder die Strafen für Drogendelikte weiter und weiter nach oben geschraubt. (Unerwünschter) Nebeneffekt - Weltweit haben sich Personenkreise in die Produktion und den Vertrieb illegalisierter Substanzen integriert, deren gesellschaftsfeindliches Gebaren mit der Formulierung “Organisierte Kriminalität” nur sehr unzureichend beschrieben wird.

Der Handel mit berauschenden Substanzen, der vor 100 Jahren noch respektables Geschäft ehrbarer Kaufleute war, ist durch die Verbotspolitik zu einem Metier menschenverachtender Schwerstverbrecher geworden. Schlimmer noch - Drogen wurden zu einem Werkzeug in der Hand skrupelloser Krimineller, die unzuverlässige Versorgungssituation, Angst vor Strafverfolgung und wirtschaftliche Probleme dazu nutzen, Menschen in Prostitution und Sklaverei zu pressen.

Illegalität verschärft Suchtprobleme (von Angehörigen)

Drunken Girls, Foto Michael Sänger “Drunken Girls”
Foto: Michael Sänger

Das Wichtigste an Maßnahmen der Sucht- und Überlebenshilfe ist, dass sie möglichst früh in Anwendung kommen. Abhängigkeitserkrankungen können durch frühzeitige Intervention abgemildert oder vermieden werden. Leider verhindert das Drogenverbot durch Kriminalisierung und soziale Ausgrenzung der Konsumenten die frühzeitige Thematisierung von Konsumproblemen.

Dies betrifft eine Vielzahl nichtkonsumierender Menschen, da diese als Verwandte, Kollegen oder Freunde unter den so unnötig verschlimmerten Abhängigkeiten leiden. Selbst dort wo, Suchthilfeeinrichtungen Angebote für sogenannte “Co-Abhängige” bereitstellen, greift die Prohibition zu Ungunsten der Betroffenen ein und schafft unverzeihlich unnötige Zugangshürden.

Nichtkonsumenten als Opfer polizeilicher Maßnahmen

Hausdurchsuchung der West Midlands Police “Hausdurchsuchung”
Foto: West Midland Police

Wer den polizeilich betriebenen Aufwand bei der Jagd nach Drogenkriminalität kritisch hinterfragt, dem drängt sich der Eindruck auf, dass da “mit Kanonen auf Spatzen” geschossen wird. Egal ob Schleier- oder Rasterfahndung, Komplexkontrolle, Vollsperrung der Autobahn oder verdachtsunabhängiges Schikanieren auf Bahnhöfen und Flughäfen, wo immer Bürgerrechte zugunsten vermeintlicher “Sicherheitsgefühle” geopfert werden, findet sich der Kampf gegen Drogen in der Liste der “Gründe”.

Dass bei hunderttausenden Verfahren im Jahr hier und da auch mal “ne falsche Tür eingetreten” wird, überrascht sicher niemanden. Schließlich sind auch Polizisten Menschen, die Fehler machen. Die Zahl der zu Unrecht als Drogentäter Beschuldigten (und damit der öffentliche Stigmatisierung Ausgesetzten) ist wenigstens ebenso hoch wie die der “Überführten”.


Weiter geht es im 2. Teil der Serie u.a. mit “Steuereinnahmen vs. Verfolgungskosten”, der Unterminierung der Finanzwirtschaft durch Drogengeld und dem Zusammenhang zwischen Heroin, CIA und dem 11. September.

  1. Legalisierungsargumente für Nichtkonsumenten - Teil 1
  2. Legalisierungsargumente für Nichtkonsumenten - Teil 2
  3. Legalisierungsargumente für Nichtkonsumenten - Teil 3