Die dpa vermeldete gerade, dass bei der Pressekonferenz des Drogenreferats der Stadt Frankfurt/ Main eine Spiceanalyse vorgestellt wurde, bei der “JWH-018, eine künstlich hergestellte chemische Substanz aus der Arzneimittelforschung” in der Kräutermischung festgestellt wurde.
Bisher ist mir über das gefundene JWH-018 nahezu nichts bekannt. Laut WikiPedia haben Tierversuche eine THC-ähnliche, aber deutlich kürzere Wirkung ergeben.
dpa-Meldung zu Spice - zitiert aus der Frankfurter Rundschau
Gesundheitsdezernentin Manuela Rottmann (Grüne) empfahl dem Bund, mögliche Verstöße gegen das Arzneimittelgesetz zu prüfen. Die Kräuter allein hätten keine Wirkung, hieß es. Die Folgen der künstlichen Substanz seien nicht abschätzbar.
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Die Forscher fanden den einst an der Universität Clemson (USA) entwickelten Stoff JWH-018. Er ist der Studie zufolge vier Mal stärker als der natürliche Cannabis-Wirkstoff THC und erklärt die Rauschwirkung. Er werde vor allem in der Arzneiforschung eingesetzt…
Der verwendete Cannabinoid-Wirkstoff sei ein recht einfach und günstig herzustellendes Mittel, sagte Christian Steup vom Unternehmen THC Pharm. Er hatte die von der Stadt Frankfurt in Auftrag gegebenen Untersuchung geleitet. Die Substanz weise keine chemische Ähnlichkeit mit dem Cannabis-Wirkstoff THC auf, wirke aber ähnlich. Problematisch sei, dass keine Erkenntnisse vorliegen, welche Wechselwirkungen das Cannabinoid “JWH-018” mit anderen Stoffen hat.Artikel der Frankfurter Rundschau vom 15.12.2008
“Gefährlicher Kick mit Spice“
Wie nicht anders zu erwarten, zieht die dpa-Meldung weite Kreise. Die Zeit hat sie übernommen und titelt “Rauschmittel: Stadt Frankfurt will Spice entlarvt haben“. Im Webportal der Hannoverschen Zeitung heißt es “Erstmals Bestandteile der Modedroge Spice nachgewiesen”.
Dem Kölner Express reicht der Nachweis einer künstlich geschaffenen Substanz nicht aus und so macht sie das weitgehend unerforschte JWH-018 gleich mal zur “gefährlichen Substanz” - “Modedroge Spice enthält gefährliche Substanz“.
Anders die Welt, die sich mit einem vergleichsweise sachlichen “Erstmals Wirkstoff von Mode-Droge Spice belegt” zu Wort meldet.
Was macht Spice im SchulSpiegel?
Der Spiegel sucht scheinbar noch eine Schippe mehr “Spektakel” und sortiert seinen Bericht über die Spiceanalyse des Drogenreferats Frankfurt/ Main doch glatt in die Kategorie SchulSpiegel!
Was Rauschmittel in der Schule zu suchen haben, verrät der Artikel “Modedroge Spice enthält Haschisch-artigen Wirkstoff” indes nicht. Dennoch ist der Artikel lesenswert, weil er sich nicht auf die bloße Wiedergabe der dpa-Meldung beschränkt, sondern tatsächlich recherchiert wurde.
Weitere Artikel die auf der dpa-Meldung basieren
- Web.de “Modedroge Spice enthält künstliche Substanz”
- Baseler Zeitung “Erste Analyse zeigt, warum Trenddroge Spice einfährt” - gleichlautend auch im Tagesanzeiger
- Minderer Tagblatt “Droge Spice verdankt Wirkung chemischem Stoff“
- Pharmazeutische Zeitung “Modedroge Spice: Synthetischer Inhaltsstoff identifiziert”
- Kieler Nachrichten Online “Erstmals Bestandteile der Modedroge Spice nachgewiesen“
- Nordhessen News “Modedroge Spice entschlüsselt”
- Hessischer Rundfunk “Konsumenten als Versuchskaninchen”
- Rheinische Post “Modedroge Spice entschlüsselt“
- Tagesschau “Gefährliche Kräutermischung Spice - Vier Mal stärker als Cannabis”
Pressererklärung des Drogenreferats Frankfurt/ Main
Gerade habe ich die Presseerklärung “Frankfurter Pharmalabor knackt Modedroge Spice” auf der Webseite der Stadt Frankfurt/ Main gefunden. Neben einem deutlich vernehmbaren “Wir-sind-die-Tollsten”-Unterton, finden sich in der Erklärung durchaus einige Punkte, über die man mal in Ruhe nachdenken sollte.
Frankfurter Pharmalabor knackt Modedroge Spice
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Seit einigen Wochen sind die Medien voll mit Berichten über “Spice”. Aus einer bislang wenig bekannten Kräutermischung für Insider ist so innerhalb weniger Monate eine “Modedroge” geworden.
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Die Medienberichterstattung sei mitunter auch dann werbewirksam, wenn sie eigentlich warnen oder abschrecken wolle.…
“Die Frage, was in Spice drin ist, ist jedoch wichtig, um gesundheitliche Folgen des Konsums einschätzen zu können”, sagte Stadträtin Dr. Rottmann.Demnach werden die berauschenden Wirkungen keineswegs von den natürlichen Kräutern selbst hervorgerufen. Vielmehr wurde in den untersuchten Proben von “Spice Gold”, “Arctic Synergie” und “Yukatan Fire” die Substanz JWH-018 in unterschiedlicher und stark schwankender Konzentration gefunden.
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Letztlich handelt es sich bei Spice also um eine Kräutermischung mit einem chemischen Zusatz, der ähnliche Wirkungen wie Cannabis hervorruft. Eine geschickt mit Kräutern getarnte psychoaktive Chemikalie.Unklar ist noch die rechtliche Bewertung bis hin zu einem möglichen Verbot der Substanz im Sinne des Arzneimittelrechts und des Betäubungsmittelgesetzes. Die entsprechenden Bundeseinrichtungen wurden über die Entdeckung des Wirkstoffes unterrichtet.
Presseerklärung des Drogenreferats der Stadt Frankfurt/ Main
“Frankfurter Pharmalabor knackt Modedroge Spice“
Spicewirkstoff auch Thema in Blogosphäre
Das Thema Spicewirkstoff JWH-018 wird zunehmend auch in der Blogosphäre diskutiert. Allen voran macht sich Pierre Markuse hilfreiche Gedanken. Sein Artikel zu den Geschehnissen des heutigen Tages trägt den Titel “Spice - JWH-018 als Inhaltsstoff?“.
Ich recherchiere weiter nach den Ergebnissen der Pressekonferenz und werde entsprechende Infos im Laufe des Tages an dieser Stelle ergänzen.