Montag, Februar 4, 2013

Mit Kifferromantik die Welt retten? Kritik am GMM-Poster

Politiker haben nur vor einer Gruppierung Angst - Und zwar vor Müttern. (Joseph Martin “Joschka” Fischer, deutscher Politiker)

Posterentwurf für den GMM 2013 in Deutschland Posterentwurf für den GMM
Layout by schmiddie

Am ersten Wochenende im Mai finden in aller Welt zeitgleich Veranstaltungen für die Legalisierung von Cannabis statt. Die Idee zu diesem seit Ende der Neunziger jährlich durchgeführten Aktionstag, dem Global Marijuana March (GMM), stammt vom US-amerikanischen Drogenpolitikaktivisten Dana Beal.
Leider finden sich in der Liste der mehr als 300 weltweit beteiligten Orte nur wenige deutsche Städte. Im letzten Jahr gab es lediglich in Berlin, Frankfurt/Main, Hannover und Potsdam GMM-Events. Das soll sich ändern!

Ein Werkzeug auf dem Weg zu mehr deutscher GMM-Beteiligung will das von der Berliner Agentur sowjet (u.a. Hanf Journal, Exzessiv) zur Verfügung gestellte, im ganzen Land nutzbare Poster “GMM in Deutschland” sein. Die Schwierigkeit bestand dabei darin, einen Entwurf zu finden, der für die Bewerbung einer breiten Palette an Aktionen verwendet werden kann. Das Poster soll den GMM-Aktiven die Wahl lassen. Egal ob Demonstration, Party, Konzert, Vorlesung oder Diskussion es muss immer passen.

Bei den Diskussionen über den GMM-Posterentwurf zeigte sich jedoch, dass dieses Ziel womöglich unerreichbar ist. Insbesondere über die Frage “wie viel Cannabishype die öffentliche Bewerbung von Legalisierungsevents verträgt und/oder braucht” wurde kontrovers diskutiert.

Meiner Meinung nach ist “Kifferromantik” ein zweischneidiges Schwert. Einerseits gilt es, das Anliegen/Thema der Veranstaltungen auf den ersten Blick zu transportieren. Das gelingt “mit vielen Hanfblättern”, “mehr Grün”, “Joints und Wasserpfeifen” sowie “einem großen Legalize it!” regelmäßig.
Andererseits schreckt allzu szeniges Layout zumindest einen Teil der Konsumenten ab. Insbesondere die von Hanfparade-Kritikern oft vermissten “Normalkiffer mit Schlips und Kragen” lassen sich mit “Hippieatmosphäre” nicht locken. Wer den transportierten Klischees in der Selbstwahrnehmung nicht entspricht, überlegt zweimal, bevor er sich vor den Karren der “Hanfbeweihräucherung” spannen lässt.

Dazu kommt - und dieser Punkt wird in der szeneinternen Diskussion leider regelmäßig verdrängt - eine Legalisierung von Cannabis wird es in Deutschland nur dann geben, wenn es gelingt, weite Teile der nichtkonsumierenden Bevölkerungsmehrheit davon zu überzeugen, dass sie von einem legalen Hanfmarkt profitieren würden.

Poster der Hanfparade 2013 Poster der Hanfparade 2013
Layout by DoroT

Grundvoraussetzung für die nötige Meinungsbildung ist dabei in meinen Augen das ins Gespräch kommen. Damit meine ich nicht in erster Linie Berichterstattung über die Aktionen. Viel wichtiger scheint mir die direkte Kommunikation. Kein Zeitungsartikel kann die erhellende Wirkung eines ehrlichen Gesprächs auf Augenhöhe ersetzen. Wer Cannabiskonsumenten “live” als das erlebt hat, was sie wirklich sind, nämlich ganz normale Mitglieder der Gesellschaft, die sich lediglich für ein anderes Genussmittel entschieden haben oder aber Menschen, denen die staatliche Drogenverbotspolitik die lebensrettende Medizin vorenthält, der wird der Haschgiftspritzerpropaganda nie wieder Glauben schenken.

Wenn wir mit Max und Maria Mustermann sprechen wollen, müssen wir sie dazu einladen. “Grasrauchende Weltretter” sind deshalb meiner Meinung nach auf einem GMM-Poster fehl am Platz. Ich begrüße es, dass Schmiddies Entwurf darauf verzichtet und nehme die potenziell geringere szeneinterne Mobilisierungswirkung in Kauf.
Beim GMM geht es nämlich nicht darum, möglichst viele Legalisierungsbegeisterte an einem Ort zu versammeln. Er will die “Normalität” des Cannabiskonsums an möglichst vielen Orten sichtbar machen. GMM heißt lokal agieren und damit global legalisieren!

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