Donnerstag, April 8, 2010

Maximilian Plenert: Opium in Afghanistan

Heute geht es im Tagesrausch um die drogenpolitische Perspektive des Kriegs in Afghanistan. Ich sprach dazu mit Maximilian Plenert, der einen entsprechenden Vortrag vor der LAG Frieden und Internationales von Bündnis 90/ Die Grünen in Berlin gehalten hat.

Bevor wir jedoch der Frage nachgehen, ob der internationale Schmerzmittelmarkt eine politische Lösung für afghanische Opiumbauern bieten kann, informiert Max über den Status Quo der afghanischen Opium- und Heroinproduktion.

Max ist Bundesvorstand der Grünen Jugend, im Bundesnetzwerk Drogenpolitik der Grünen aktiv und bloggt über Drogen,
Gesundheit, Humanismus und Tagespolitik.


Im Folgenden findest Du ein Transscript des Beitrags. Es gilt das Primat des gesprochenen Wortes.

Opium in Afghanistan - Drogenpolitik im Schatten des Krieges

Steffen Geyer: Herzlich willkommen zum Tagesrausch heute mal wieder aus dem Büro des Hanf Journals. Ich habe mir nämlich Max geschnappt.

Max arbeitet jetzt beim Deutschen Hanf Verband, aber eigentlich ist er im Bundesvorstand der Grünen Jugend. Magst du den Tagesrauschzuschauer vielleicht kurz erzählen, wer du bist und was du so machst? Warum habe ich dich hier eingeladen?

Maximilian Plenert - Grüne Drogenpolitik ohne Grenzen

Maximilian Plenert, Bundesvorstand der Grünen Jugend und Mitglied des Bundesnetzwerks Drogenpolitik bei Bündnis 90/ Die Grünen Maximilian Plenert, Bundesvorstand der Grünen Jugend

Maximilian Plenert: Ich bin Max Plenert. Ich mache schon seit vielen Jahren Drogenpolitik bei den Grünen und bei der Günen Jugend. Bei der Grünen Jugend bin ich jetzt auch im Bundesvorstand, reise quer durch die Republik und kümmere mich unter anderem um den Bereich Drogenpolitik, aber das ist auch da natürlich nur ein Thema von vielen.

Wie Steffen schon gesagt hat - Ich arbeite auch für den Deutschen Hanf Verband und mache auch bei den Altgrünen, die haben eine bundesweite Arbeitsgemeinschaft, das Bundesnetzwerk Drogenpolitik, deren “Häuptling” ich bin.

Steffen hat mich eingeladen, weil ich letzte Woche einen Vortrag gehalten habe bei der Landesarbeitsgemeinschaft Internationales zum Thema “Opium in Afghanistan” und über internationale Drogenpolitik und darüber wollte ich ein wenig berichten.

Steffen: Das fand ich nämlich als Thema ganz spannend, weil Max einer der wenigen Leute ist, der es schafft, das Thema Drogenpolitik über die Szene hinaus zu denken. Er hat ganz viele Kontakte zu anderen Themengebieten und ist geschickt darin, unser Anliegen in andere Fragestellungen mit einfliessen zu lassen.

Außerdem interessiert mich das Thema “Opium und Afghanistan” auch so vom drogenpolitischen Gesichtspunkt her, das ist ja, wenn man der UNO glauben kann, die wichtigste Frontlinie im Krieg gegen den internationalen Rauschgifthandel.

Afghanistan, der Welt größter Opiumproduzent

Maximilian Plenert: Es ist sicherlich eine der Wichtigsten, weil Afghanistan der größte Opium - allerdings auch Heroinproduzent, dass wird auch direkt weiterverarbeitet - Produzent der Welt ist.

Es ist halt relativ weit weg, deswegen auch nur in der Medienöffentlichkeit weil entsprechend Truppen aus Deutschland und den USA beispielsweise unten sind.

Wenn man jemanden aus den USA fragen würde, würde der vielleicht garnicht Afghanistan nennen, sondern z.B. Mexiko nennen würde, weil da der Drogenkrieg direkt an der US-amerikanischen Grenze stattfindet.

Krieg macht Taliban zu Drogenhändlern

Steffen: Dass die Truppen in Afghanistan sind, hat aber direkt nichts mit den Drogen zu tun? Die Deutschen Soldaten sind nicht unterwegs und reißen Mohnpflanzen aus?

Maximilian Plenert: Das nicht, bei Mohn hätten sie vielleicht sogar noch eine praktische Chance.
Hanf wächst da unten auch, da sind vor ein paar Jahren die Kanadier ganz fürchterlich daran gescheitert, als sie versucht haben, den Hanf platt zu machen, der wollte sich nämlich nicht kaputt machen lassen.

Hängt es zusammen? Ja. Aber das hat jetzt nichts damit zu tun, dass irgendwelche deutschen Soldaten da unten Mohn plattmachen, sondern wenn man sich anschaut, wer ist da unten… Auf der anderen Seite sind irgendwelche Taliban, islamistische Terrorgruppen, wie finanzieren die sich? Über den Opiumhandel.

Und dass die überhaupt relevant sind, also dass sie sich bewaffnen können, dass sie Geld haben - Terror kostet eine ganze Menge Geld - dass sie das machen können, hängt damit zusammen, dass sie Geld verdienen können mit den Drogen. Und dass sie damit so viel Geld verdienen können, hängt wiederum damit zusammen, dass wir eine weltweite Drogenverbotspolitik fahren.

Insofern hängt das schon alles miteinander zusammen.

Exportschlager Heroin

Steffen: Wieviel Geld wird denn mit Opium verdient oder mit Heroin? Ich habe jetzt keine praktischen Erfahrungen damit, aber es gibt ja offensichtlich weltweit Konsumenten und der Preis dürfte relativ hoch sein. Also Heroin gilt immer als eine der teuersten Drogen.

Maximilian Plenert: Da haben die Afghanen… Also Afghanistan ist noch nicht lange der größte Heroinproduzent und auch Opiumproduzent der Welt. Vorher war das das “Goldene Dreieck” in Fernost.

Steffen: Also Laos, Burma und …

Maximilian Plenert: Thailand. Da unten so die Ecke.

Inzwischen ist es Afghanistan. Die Heroinpreise sind am sinken - regional als auch weltweit. Ein Sinkflug, also es hat sich in den letzten paar Jahren der Preis, den ein normaler Bauer bekommt, mal eben schnell halbiert.

Auch in Europa, gilt das für alle Drogen. Die Preise sind definitiv am sinken und die Produktion wächst immer weiter an. Man schätzt, dass allein im Land Afghanistan Taliban, korrupte Staatsangestellte sonstige Aufständige cirka drei bis vier Milliarden (US-Dollar) jährlich verdienen, nur auf Grund des Handels mit Drogen.

Steffen: Vier Milliarden Euro? Das sind alle Kindergartenplätze so ungefähr in Deutschland.

Maximilian Plenert: Man muss das immer relativ sehen zum Land. Wenn man sich zum Beispiel anschaut, was die Entwicklungshilfe die Deutschland in Afghanistan leistet, das sind zweistellige Millionenbeträge - Peanuts!

Steffen: Also nur ein-zwei Prozent von dem, was dort mit Heroin verdient wird.

Maximilian Plenert: Das ist DER Wirtschaftszweig.

Steffen: Das ist die Automobilindustrie Afghanistans? Kann man das so sagen? Wenn ich das mit Deutschland vergleichen möchte. Bei uns ist Schwermetall- und Maschinenbau der große Bringer.

Maximilian Plenert: Wenn wir die gesammte verarbeitende Branche nehmen, also den kompletten technischen Bereich und dann noch Arbeitslosigkeit wie in Afghaistan von 40 Prozent annehmen - dann kommen wir langsam in die Rubrik.

Steffen: Wie war das da, bevor die Taliban da waren? Vorher waren die Russen da und davor die Briten und Franzosen. Bauen die schon immer Mohn an oder ist das von jemandem ins Land getragen worden?

Die CIA und das Heroin

Die CIA und das Heroin: Weltpolitik durch Drogenhandel - Buch von Alfred W. McCoyDie CIA und das Heroin
Buch von Alfred W. McCoy über die Versuche der US-Geheimdienste Weltpolitik durch Drogen zu beeinflussen

Maximilian Plenert: Das wurde forciert… Also, der historisch gewachsene Opiumanbau war früher in Indien, damals noch, als das noch eine britische Kolonie war. Das ist dann eher in Afghanistan entstanden zu der Zeit des Kalten Krieges, als da ganz gezielt…

Also damals die “bösen Russen” da waren und sich die Amerikaner überlegt haben, wie sie “ihre” Aufständischen finanzieren können, war der Drogenhandel ein Mittel zum Zweck.

Wie in allen Regionen der Welt, wo keine vernünftige, stabile Regierung da ist, haben sich dann entsprechend kriminelle Gruppen, Warlords das als Finanzquelle genutzt. Das ist genau so wie sich in Südamerika irgendwelche Paramilitärs mit Coka und Kokainhandel finanzieren, ist es da unten halt das Heroin, mit sie ziemlich viel Geld verdienen.

Steffen: Siehst du eine Chance… Der Konflikt in Afghanistan dauert jetzt schon fünf Jahre, sechs? Oh Gott, oh Gott…

Maximilian Plenert: 2001 ging das los.

Steffen: Man vergisst das so schnell. Wir treiben uns an so vielen Ecken der Welt rum, aber Deutschland wird auch immer noch “am Hindukush verteidigt”. Erstaunlich.

Siehst du eine Chance, dass sich da in absehbarer Zeit die Situation so ändert, dass die Leute dort, was weiß ich, Blumen anpflanzen oder vielleicht sogar was zu essen, Weizen oder Rüben?


Die Antwort auf diese und weitere Fragen gibt es im zweiten Teil meines Interviews mit Maximilian Plenert “Schmerzmittel statt Schwarzmarkt - Ist legales Opium eine Alternative zum Krieg?”

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